
Im Restaurant-Café Heinemann an der Düsseldorfer Bahnstraße – nahe der Kö und nur zwei Haltestellen vom WDR entfernt – schaut heute die Moderatorin Petra Albrecht für ein #kleineslaster-Interview vorbei. Während die Gäste auf der Terrasse ein spätes Frühstück oder ein frühes Mittagsgericht serviert bekommen, bleibt Petra Albrecht bescheiden beim Kaffee. Vor Mittag isst sie niemals etwas, das hat sie sich so angewöhnt. Ihre schlanke Figur ist der Lohn für ihre Disziplin. Doch wer nun meint, Genuss wäre Petra Albrecht nun gänzlich fremd, der täuscht sich. Das beliebte Gesicht der WDR-Lokalzeit Düsseldorf spricht über leichte Kost, schwer Verdauliches und Genuss in Krisenzeiten.
Willkommen in der Konditorei Heinemann. Wie wichtig ist Ihnen die WDR-Kantine?
Ich bin ja nicht jeden Tag im WDR, mein Arbeitsrhythmus ist meist jede zweite Woche. Dann komme ich auch erst mittags zur Arbeit, da ergibt sich ein Kantinenbesuch nur selten. Ich bin auch eher der Typ, der sich gerne von Zuhause etwas mitbringt, einen leckeren Salat zum Beispiel. Hin und wieder gehe ich auch kurz vor die Tür und hole mir ein Sushi. Kurzum: Ich bin keine regelmäßige Kantinengängerin.
Moderiert man besser mit vollem oder mit leerem Bauch?
Ich würde sagen, weder noch. Wenn einem der Magen knurrt, ist das eher ungünstig. Wenn wir dann noch über Düsseldorfer Restaurants und Esskultur berichten, kann das problematisch werden. Zu satt sollte man aber auch nicht sein, da wird man müde. Das Mittelmaß ist das richtige.
Haben Sie ein Beispiel für eine besonders schöne oder witzige Meldung, an die Sie sich gerne erinnern?
Witzig und legendär ist natürlich die „Fliege“ – dieser Lachanfall wird mir wohl bis an mein Lebensende nachhängen. Selbst junge Kollegen, die bei uns anfangen und weder mich noch die Sendung kennen, sprechen mich darauf an: „Du bist doch die mit der Fliege!“ Erst kürzlich hatte ich wieder einen Lachanfall in der Sendung. Ich fürchte diese Situation wirklich! Ich würde dann am liebsten im Boden versinken! Ich schwitze und versuche, mich irgendwie wieder in den Griff zu bekommen. Aber selbst durch die dicke Studiotür höre ich das Lachen des ganzen Teams, das macht es nicht leichter. Beim Zuschauer löst das natürlich auch Heiterkeit aus und eigentlich ist es ja auch menschlich.
Eine richtig schöne Meldung hingegen war für mich der Aufstieg von Fortuna Düsseldorf in die erste Liga im Jahr 2018. Da habe ich glatt ein paar Freudentränchen verdrückt. Mein Mann und ich sind nämlich große Fans. Mein Lieblingsspieler ist übrigens Olli Fink. Wir gehen auch gerne ins Stadion oder wir sehen die Spiele auf Sky. Leider ist Fortuna jetzt ja wieder abgestiegen.
Gibt es Themen, die Sie vor der Kamera moderieren, die selbst mit Ihrer Routine schwer verdaulich sind und Ihnen schwer im Magen liegen?
Auf jeden Fall gibt es solche Themen. Vor nicht allzu langer Zeit hatten wir über die Geschichte von Oliver, einem jungen Familienvater mit der Krankheit ALS berichtet und ihn eine Zeit lang begleitet. Sogar bis zu seinem Tod, denn er wollte das so. Die Berichterstattung fiel uns allen sehr sehr schwer, vor allem, weil der junge Mann uns so ans Herz gewachsen war. Oliver hatte einen kleinen Sohn und wurde sogar nochmals Vater von einem weiteren Sohn, der dann Oliver genannt wurde. Ich habe über meine Arbeit mit Oliver und seiner Familie erfahren, wie schlimm diese Krankheit ist. Es ist, als ob ein unaufhaltsam fahrender Zug in Zeitlupe auf einen zurollt und man weiß, der Aufprall wird schrecklich.
Wie schöpfen Sie Kraft, wie tanken Sie auf?
Ich mache viel und regelmäßig Yoga – sozusagen meine späte Liebe. Yoga gibt mir Kraft. Und ich esse am Abend gerne zusammen mit meinem Mann. Wir bereiten uns etwas Feines zu, kommen zur Ruhe und genießen. Wir kochen beide gerne und gut, aber meist nicht zusammen, das funktioniert besser (lacht). Mein Mann ist der experimentierfreudigere von uns beiden. Aber beide sind wir immer wieder begeistert von dem, was der jeweils andere auf den Tisch bringt. Ein schönes Glas Wein dazu und der Tag ist wieder mein Freund.
Ihr Vorname Petra ist die weibliche Form von Peter und geht auf das altgriechische Wort „petros“ zurück, was übersetzt „der Fels“/„der Stein“ bedeutet. Sind Sie ein Fels in der Brandung?
Da muss ich überlegen. Ich glaube, inzwischen bin ich das tatsächlich. Früher hätte ich die Frage wohl nicht bejaht. Aber über die Jahre ist mir – im besten Sinne – eine Steinschicht gewachsen. Mich erschüttert heute nicht mehr so viel. Was nicht bedeutet, dass ich unsensibel geworden bin, ganz im Gegenteil. Aber ich lasse mich nicht so schnell aus der Bahn werfen.
Wahrscheinlich kommt Ihnen diese Stabilität jetzt zugute? Wie geht es Ihnen in diesen bewegten Zeiten?
Es ist ein Auf und Ab. Am Anfang war ich schon verzweifelt, weil man Mann in der Textilbranche arbeitet und direkt von Corona betroffen war. Wir waren gerade in unserem lang ersehnten Traumurlaub in Südafrika, als uns die Nachrichten erreichten. Eigentlich wollten wir den 60. Geburtstags meines Mannes feiern und uns eine einmalig schöne Auszeit gönnen. An Erholung war natürlich nicht mehr zu denken, wir saßen dort fest und mein Mann musste aus der Ferne seine Geschäfte lenken, Kurzarbeitergeld beantragen und Verhandlungen führen. Die Zeit war tough, aber mittlerweile ist alles wieder auf einem ganz guten Weg. Uns hat aber auch sehr berührt, in welchen Nöten die örtlichen Hoteliers und Gastronomen waren, mit denen wir gesprochen haben. Deren Existenzen waren unmittelbar bedroht. Dann kamen wir irgendwann ins menschenleere Düsseldorf zurück. Viele Lebensplanungen waren über den Haufen geworfen worden. Kaum jemand war nicht von der Krise betroffen. Es war ein Warnschuss für uns alle. Mit etwas mehr Abstand empfinde ich aber, dass die Krise uns auch freier machen kann. Denn wenn sowieso nichts mehr sicher ist, kann man doch auch ruhig ein bisschen mutiger sein.
Hat sich Ihre Arbeit durch Corona verändert?
Ja, ich bin fast nur noch von „Maskierten“ umgeben, im Studio, bei Konferenzen, einfach überall. Auch vergeht kein Tag, an dem Corona nicht ein Thema in unserer Sendung ist. Das ist auch verständlich, denn es betrifft ja auch nahezu alle Lebensbereiche.

Wie wurden Sie eigentlich Moderatorin?
Ich hatte bereits als Autorin für Filmbeiträge beim WDR gearbeitet. Eine Moderatorin hörte damals auf und daher gab es ein Casting. Dann wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Heute gibt es spezielle Coachings und Trainings, damals noch nicht. Da hieß es einfach, mach mal. Man übte quasi auf dem Sender (lacht). Wenn ich alte Sendungen von mir sehe, muss ich schon über mich schmunzeln – aber ganz wohlmeinend. Wenn man anfängt, ist man eben noch nicht so versiert, dennoch finde ich die Petra Albrecht mit Mitte Dreißig nicht blöd. Ich mache den Job nun seit 27 Jahren. Wenn ich es heute nicht könnte, das wäre schlimm, aber damals? Da bin ich gnädig mit mir. Gelernt habe ich das Sprechen eigentlich durch Nachahmen und später habe ich auch Unterricht genommen. Man sollte vermeiden, seine Kopfstimme zu benutzen, die klingt leider schnell hysterisch. Das ist schon die wichtigste Regel.
Haben oder hatten Sie Vorbilder?
Petra Schürmann! Petra Schürmann war zur „Miss World“ gekürt, im Jahr, bevor ich geboren wurde. Sie hatte in Deutschland eine Vornamen-Welle ausgelöst, ein paar wenige Jahre lang hießen alle Mädchen Petra. Auch ich wurde übrigens nach ihr benannt! Ich habe sie einmal auf einer Messe erlebt und war fasziniert von ihrer Schönheit und Eleganz, sie war eine richtige Dame. Und wenn man mit über 50 Jahren noch so aussehen kann, dachte ich mir damals, dann muss man keine Angst vor dem Alter haben.
Jetzt Sie sind seit vielen Jahren eines der Gesichter des WDR und somit eine Person des öffentlichen Lebens. Inwiefern ist das ein Genuss? Inwiefern nicht?
Ehrlich gesagt habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht. Wenn ich durch die Stadt gehe, werde ich fast nie erkannt. Und wenn, dann erlebe ich nur positive Reaktionen, die Leute sind richtig nett zu mir. Ich habe zum Beispiel auch niemals Autogrammkarten dabei. Bis auf eine Ausnahme: Ich musste mir einmal mein WDR-Computerpasswort merken, hatte kein Papier dabei und nahm eine Autogrammkarte zur Hand, um es zu notieren. Just an diesem Tag fragte mich aber jemand nach einer Autogrammkarte. Ich unterschrieb die Karte und übergab sie – mitsamt meinem Passwort! Ich musste unseren IT-Fachmann bitten, meinen Computer mit einem neuen zu versehen.

Können Sie mit Ihrer Art zu moderieren die Stimmungen beeinflussen, mit denen Ihre Zuschauer aus der Sendung entlassen werden?
Ganz sicher. Ich glaube, das ist auch ein Teil unserer Aufgabe als Moderatoren. Wir sorgen für Stimmung und Bindung, wir sind Mittler zwischen unserem Programm und unseren Zuschauern. Ich hoffe, dass ich mein Publikum immer ein wenig in gute Laune versetzen kann. Natürlich ist das abhängig vom Inhalt der Berichte. Wir behandeln ja auch mal traurige und ernste Themen, versuchen aber immer auch das Schöne und Positive in unserer Region hervorzuheben.
Welches Feedback bekommen Sie von Ihren Zuschauern?
Wäschekörbe voller Post bekomme ich jedenfalls nicht. Es gab im Laufe der Jahre drei Heiratsanträge, leider war nichts Passendes dabei (lacht). Manchmal fragen mich Zuschauerinnen, wo ich ein bestimmtes Kleidungsstück gekauft habe oder wo ich mir die Haare schneiden lasse. Dazu gebe ich dann gerne Auskunft. In der WDR-Lokalzeit kleiden wir Moderatoren uns übrigens selber ein. Das wird im Sender locker gesehen, man kann heute auch Sneaker zum Kleid tragen. Alles was schrill ist oder flimmert, sollte man jedoch vermeiden. Man sollte sich immer so dezent kleiden, dass man nicht selber zum Hauptereignis wird.


Was bedeutet Sinnlichkeit für Sie?
Essen ist der Sex des Alters (lacht)? Nein, kleiner Scherz. Sinnlichkeit findet eigentlich in vielen kleinen Momenten des Lebens statt. Wenn man oben auf einem Berg steht und tief die Luft einatmet. Wenn man dann eine richtig kräftige Jause genießt. Wenn man sich lebendig fühlt, wenn man sich selbst wirklich spürt.
Verändert sich Sinnlichkeit durch zunehmende Digitalität?
Ich glaube schon, dass sich alle menschlichen Beziehungen verändern, besonders jetzt, durch Corona. Wir nutzen mehr digitale Kommunikationsmedien als vorher. Ich vermisse es wirklich sehr, meine Freunde in den Arm zu nehmen und sie mal zu drücken. Ich bin jemand, der das sonst immer gerne tut, ich mag diese Körperlichkeit. In unseren Sendungen geht es oft darum, dass wir Regeln beachten und Rücksicht aufeinander nehmen sollten. Da möchte ich als öffentliche Person auch privat mit gutem Beispiel vorangehen und diese Regeln beherzigen, das ist mir ganz wichtig. Wer weiß, vielleicht gibt es nach Corona wieder eine starke Gegenbewegung. Wenn man wieder mehr Nähe zulassen kann, wird man diese vermutlich noch mehr wertschätzen.
Wir sitzen in der Konditorei Heinemann. Was genießen Sie hier?
Den Pflaumenkuchen, der ist mein absoluter Lieblingskuchen. Im Winter dann der Christstollen. Zum Mittagessen schaffe ich es hierhin meist nicht, ich höre aber oft, dass die Qualität sehr gut sein soll.

Wenn Sie an Ihre Kindheit zurückdenken: Was war damals Ihr größter Genuss, ihr Lieblingsessen?
Schokoladenpudding mit Dosenmilch darüber! Zugegeben, da würde es mich heute schütteln, aber damals habe ich quasi nichts anderes essen wollen. Meine Mutter schickte mich sogar zum Arzt deswegen. Der gab aber Entwarnung. Ich war immer schlank, auch als Kind, und er war wohl der Meinung, dass ein paar Kalorien nicht schaden konnten.
Was ist ihr Weg, Krisenzeiten zu meistern?
Bewusst Momente genießen, sich etwas Schönes vornehmen, ein tolles Essen kreieren. Ich bin ein sehr positiver Mensch und ich bin sehr zufrieden. Zufriedenheit ist der Schlüssel zum Glück. Nicht darauf schauen, was andere haben oder mit Dingen hadern, die nicht mehr zu ändern sind. Ich schaue einfach immer nach vorne.
Wäre die Welt ein besserer Ort, wenn wir alle mehr genießen könnten?
Die Welt wäre dann ein besserer Ort, wenn alle Menschen die Möglichkeit hätten, das Leben zu genießen. Das würde ich mir wünschen.
Liebe Petra Albrecht, vielen Dank für das Gespräch.
Unsere Verabschiedung im Café-Restaurant wird von einem Ehepaar beobachtet, welches am Nachbartisch Kaffee trinkt. Die Dame wendet sich an Petra Albrecht: „Das ist aber richtig schön, Sie mal in der Wirklichkeit zu sehen, wir sehen Sie ja sonst immer nur im Fernsehen“, sagt sie erfreut und outet sich als treue Zuschauerin der WDR-Lokalzeit. Petra Albrecht lächelt herzlich: „Dankeschön! Dann sag ich einfach mal bis heute Abend!“ Und macht sich zu Fuß auf in Richtung WDR-Studio am Medienhafen, von wo aus sie am frühen Abend in die Wohnzimmer der Düsseldorfer strahlen wird.
#kleineslaster
Die Moderation von Petra Albrecht im WDR verfolge ich seit Jahren; ich schätze sie sehr. Ich bedauere Ihren Abschied, aber sie hat ihn sich verdient.
Einen Wunsch habe ich noch: Sie möge mir ihre Schwester Susanne herzlich von mir grüßen.
Frau Albrecht ist eine sehr sympathische Person. Ich freue mich jedes Mal wenn ich sie im Fernsehen sehe.