andreas bolten steht am herd

Träger des Heinemann-Gens: Küchenleiter Andreas Bolten

Kuechenleiter Andreas Bolten
Koch aus Leidenschaft: Andreas Bolten, Küchenleiter auf der Düsseldorfer Kö

Heute treffen wir einen der feinen Menschen, die die Konditorei Heinemann mit ihrer Arbeit und ihrer Persönlichkeit prägen. Diesmal ist es Andreas Bolten, Küchenleiter des Heinemann-Café-Restaurants an der Düsseldorfer Kö/Martin-Luther-Platz. Wie er seine „Heinemannschaft“ führt, wieso er privat niemals kocht und warum Zufriedenheit das höchste Gut ist, erzählt er uns im Interview.

Herr Bolten, wie wird man Küchenleiter? Wie war Ihr Werdegang und wie kamen Sie zu Heinemann?
1984 habe ich die Mittlere Reife gemacht. Aber als junger Mensch war ich noch ziemlich orientierungslos und hatte keine klare Vorstellung, was ich werden wollte. Daher hatte ich mich für ein Orientierungsjahr an einer Berufsfachschule angemeldet. Dann empfahl mir jedoch ein Nachbar, der zu dieser Zeit Präsident der Industrie- und Handelkammer Mönchengladbach war, eine Lehre bei der Konditorei Heinemann zu machen. Also habe ich mich dort vorgestellt und bin als Kochlehrling genommen worden. Ich habe in meinem Leben also nur ein einziges Bewerbungsgespräch geführt. Mein Zeugnis war zwar mittelprächtig, aber scheinbar hat es menschlich gepasst. Meine Kollegen waren nett und meine Ausbilder human, aber natürlich musste ich all die klassischen Lehrlingsarbeiten übernehmen wie dreißeig Kilo Zwiebeln schälen – das war tränenreich (lacht).
Damals war das Team noch viel kleiner, es gab nur einen Koch, drei Mitarbeiterinnen und mich als Lehrling. Jeder packte mit an und so betraute man mich schnell mit höheren Aufgaben. Auch die Karte war schmaler, es gab nur eine Auswahl an Suppen und Kaffeehausklassiker wie Quiche Lorraine, Strammer Max oder Toast Hawaii. Um meinen Horizont zu erweitern und auch mal andere Gerichte zu kochen, durfte ich einen überbetrieblichen Lehrgang machen, gefolgt von einem Praktikum in der Nähe von Brüssel, beim Sternekoch Pierre Romeyer. Dort habe ich gefühlt jeden Tag nur Gemüse geschnippelt, dennoch war es eine interessante Erfahrung für mich. Ich habe gestaunt, mit welcher Perfektion dort alles ablief.

Herrschte dort ein rauher Ton, wie so oft in der Sternegastronomie?
In der Küche wurde Französich gesprochen, was ich nicht verstehe, daher habe ich von einem eventuell rauhen Ton wenig mitbekommen (lacht).

Zurück im heimischen Möchengladbach – wie ging es weiter für Sie?
1987 habe ich meine Lehre beendet. Anschließend war ich Jungkoch in mehreren Heinemann-Filialen. In den 90er Jahren wurde ich in Neuss Küchenleiter. Den dortigen Umsatz konnte ich um 10 bis 20 Prozent steigern, weil es mir gelungen war, ein Qualitätsbewusstsein bei jedem einzelnen Mitarbeiter zu implementieren. Das bedeutete harte Arbeit, denn ich musste immer wieder kontrollieren und nachjustieren. Aber es war schön für mich zu erleben, dass die Sache aufging. Und der Erfolg hat mich stolz gemacht. Später wurde ich dann Küchenleiter an der Düsseldorfer Bahnstraße, nach weiteren Jahren dann stellvertretender Küchenleiter an der Kö, dem Aushängeschild der Konditorei Heinemann. Seit 2012 leite ich die Küche an der Kö und bin sehr zufrieden damit. Weiter aufsteigen kann ich nun nicht mehr, ich habe mein Ziel erreicht.

Haben Sie nie überlegt, mal woanders Erfahrungen zu sammeln?
Nein, ich habe mich niemals auch nur umgeguckt. Heinz-Richard Heinemann stellte mich an meinem ersten Arbeitstag als Küchenchef an der Kö mit den Worten vor: „Der Andreas ist ab jetzt der Heinemann auf der Kö“. Das war ein Gänsehaut-Moment. Jeden Tag diesem hohen Anspruch gerecht werden, macht mich bis heute stolz. Das Kö-Restaurant ist groß, es hat vierhundert Plätze. Diese Größenordnung findet man in Düsseldorf selten. Und wir füllen diesen Ort jeden Tag mit Leben. Außerdem muss man bei Heinemann nicht nur funktionieren – man wird nicht fallengelassen, wenn es einem mal schlecht geht. Als ich sieben Monate krank war hat Heinz-Richard Heinemann mir sehr geholfen. Man kann sich auf ihn verlassen, und das empfinde ich als etwas ganz Besonders. Aus alledem entsteht das „Heinemann-Gefühl“. Das ist das „Heinemann-Gen“!

Andreas Bolten heißt willkommen
Lässt sich in die Karte schauen: Andreas Bolten mag es frisch und lecker

Erfolgsrezept: Jeden Tag etwas Schönes zaubern

Welche Zutat braucht jemand, der Ihr Team ergänzen möchte?
Bei uns werden immer fähige Leute gesucht und für diese bieten sich bei uns vielfältige Möglichkeiten. Aber man muss auch etwas anbieten: vor allem eine stetige Bereitschaft zur Leistung. Heinemann hat ein Renommée, einen wirklich guten Namen in Düsseldorf und in allen anderen Städten, wo wir vertreten sind. Diesem sollte jeder im Team gerecht werden, jeden Tag. In unserer Küche herrscht ein hoher Organisationsgrad, wir haben klare Arbeitsabläufe geschaffen so dass sich jeder Neue schnell zurechtfinden kann. Und man kann sich einbringen, wir sind immer offen für Ideen. Zudem ist ein Job bei Heinemann ein sicherer Arbeitsplatz, gerade heute kein ganz unwichtiger Aspekt. Die Arbeitszeiten in den Filialen sind darüberhinaus angenehm und familienfreundlich. Wir arbeiten von 8 bis 18.30 Uhr und dann ist Feierabend. Schichtdienste gibt es nicht. Jeder Mitarbeiter hat mindestens ein freies Wochenende im Monat und für Sonntagsarbeit gibt es Zuschläge.
Mein Team muss verinnerlichen, wie wichtig jede einzelne Station eines Gerichts auf dem Weg zum Gast ist. Unsere Rohstoffe sind von höchster Qualität und Frische, aufwändig und kostenintensiv. Daher ist absolut jeder Schritt im Arbeitsablauf von Bedeutung. Ich toleriere keine matschige Tomate und kein welkes Salatblatt. Es ist wichtig, wie die Zutaten in der Küche angerichtet werden, wie appetitlich alles aussieht und wie der Teller dem Gast schließlich vom Service serviert wird. Im besten Fall mit einem Gefühl von Stolz und mit dem Wissen, etwas Besonders zu überreichen. Unser Qualitätsanspruch wird tatsächlich von jedem einzelnen Mitarbeiter mitgetragen. Unsere Kunst ist es, jeden Tag aufs Neue etwas Schönes zu zaubern.

Was ist Ihr Rezept, Ihr Team täglich aufs Neue zu motivieren?
Ich versuche, meine Mannschaft nach meiner ganz eigenen Art zu führen, vor allem mit gegenseitiger Achtung und viel Menschlichkeit. Für mich zählt Ehrlichkeit, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit. Und natürlich Liebe und Hingabe an den Beruf. Denn wer liebt, was er tut, wird es gut machen. Ich glaube, dass ich mir über die Jahre Respekt und eine natürliche Autorität erarbeitet habe, weil ich diese Philosophie selber lebe und vorlebe. In meiner Küche arbeiten zwischen zehn und zwanzig Mitarbeiter. Das sind alles unterschiedliche Charaktere, das gibt es Empfindlichkeiten, manchmal auch Streitigkeiten. Da muss ich Problemlöser sein. Ich habe aber gelernt, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden und gemerkt, dass ich mich nicht um jede noch so kleine Unstimmigkeit kümmern muss. Über die Jahre hat sich bei mir eine Gelassenheit eingestellt, denn so manches Problem hat schon schon gelöst, wenn man mal eine Nacht darüber geschlafen hat. Ich muss meine Leute jeden Tag aufs Neue abholen, das ist die Kunst. Und sie auch fördern, wenn sie es verdienen. Ich habe einen Mitarbeiter von der Spüle in die Küche geholt, weil er einfach gut war, heute arbeitet er mit uns wie ein gelernter Koch.

Wie wichtig ist eine Portion Humor?
Spaß an der Arbeit ist total wichtig. Und Humor bringt eine Leichtigkeit in den Tagesablauf. Mann sollte die Dinge auch mal laufen lassen und nicht alles so verbissen sehen. Wichtig ist, was am Ende rauskommt. Der Mix machts.

Andreas Bolten, Konditorei Heinemann an der Kö
Frischluft tanken: kurze Pause auf der Kö-Terrasse

Sie sind seit 1984 bei der Konditorei Heinemann. Diese lange Zeit ist bestimmt gespickt mit Erinnerungen?
Vor allem erinnere ich mich an Erlebnisse aus meiner Lehrzeit. Bernd Heinemann, der Bruder von Heinz-Richard Heinemann, ging am Wochenende gerne zur Jagd in die Eifel. Montags lag dann das erlegte Wild in der Zentralküche in Möchengladbach. So konnte ich dann lernen, wie man Wild abzieht und verarbeitet, das fand ich spannend. Was mir auch noch präsent ist: Während der Düsseldorfer Rheinkirmes, am Abend des Feuerwerks, veranstaltete Heinz-Richard Heinemann gerne Partys in seiner Wohnung, da durfte ich zwei, dreimal mithelfen. Ich sah dort interessante Leute, oft wurden Spenden für karitative Zwecke gesammelt. Für mich war das spannend und aufregend – und immer eine Auszeichnung, dass ich dabei sein durfte. Übrigens gab es früher auf der Düsseldorfer Kö viele Restaurants, Feinkost Käfer, Mövenpick und Leysieffer beispielsweise. Die Konkurrenz war ziemlich groß. Die Konditorei Heinemann hat sie alle überlebt. Warum? Weil bei uns das das Preis-Leistungsverhältnis und die Qualität einfach stimmt, dazu das jahreszeitliche Angebot. Unser ganzes Konzept geht auf. Ich denke, die Zeit dreht sich gerade für uns. Menschen besinnen sich heute wieder vermehrt auf Werte, Qualität und Traditionen. Daher werden auch unsere Klassiker wie Sauerbraten am meisten nachgefragt.

Bolten in den Achtzigern
Heinemanschaft seit 1984: ein Foto aus den Neunzigern

Welche Rituale haben Sie, sich morgens für den Arbeitstag aufzuwärmen?
Ich brauche morgens meinen Kaffee und gehe mit dem Hund raus, dann bin ich wach.

Welcher Geschmack liegt Ihnen besonders auf der Zunge, wenn Sie an Ihren Beruf denken?
Das fällt mir schwer zu sagen, da bin ich wohl kein typischer Koch. Vielleicht der Geschmack von Sauerbraten, den bereiten wir einfach sehr oft zu.

Wo schauen Sie auch mal über den täglichen Tellerrand hinaus?
Mich interessiert es einfach, Koch zu sein, ich identifiziere mich mit diesem Beruf und möchte nichts anderes machen. Hier kann ich meine Ideen einbringen und das reicht mir. Auch der Austausch mit unserem Mönchengladbacher Chefkoch Rolf Küsters ist sehr gut, durch ihn kommen viele gute Impulse und Ideen, wir entwickeln unser Angebot immer wieder weiter. Seit Jahren bin ich darüberhinaus stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, da beschäftige ich mich auch mal mit anderen Themen.
Eine neue Erfahrung war für mich, als ich wegen Corona einmal eine Weile im Verkauf gearbeitet habe. Es war schön, die Kollegen noch einmal anders kennenzulernen und viele Produkte zu probieren. Denn selbst ich habe nach all den Jahren noch immer nicht alles probiert, was die Konditorei Heinemann im Angebot hat. Wenn es einem wichtig ist, Resonanz auf seine Arbeit zu bekommen, dann ist der Verkauf der richtige Platz. Man kommt mit vielen Kunden ins Gespräch und erfährt auch Anteilnahme. Viele Menschen haben sich richtig gesorgt, wie es in der Pandemie mit Heinemann weitergeht. Andere sagten, sie litten darunter, dass sie nicht zu Heinemann ins Café-Restaurant konnten. Ich bin eigentlich ein eher schüchterner und zurückhaltender Typ und gehe nicht so gerne auf Menschen zu. Ich stehe lieber in der Küche am Pass und schaue, dass alles läuft. Aber ich merkte, zu kommunizieren und sich auszutauschen bringt einen weiter. Vielleicht sollte ich doch nachmittags öfter mal durch das Restaurant laufen (lacht).

Bolten lässt die Puppen tanzen
Lässt die Puppen tanzen: Bolten mit den treuesten Gästen von Heinemann

Erfolgsrezept: Perfektion und Menschenfreundlichkeit kombinieren

Was bringt Sie im Berufsalltag zum Kochen?
Unkonzentriertheit und noch schlimmer: Lustlosigkeit! Da leiden nämlich alle daruter. Eigentlich ist es ja nicht schwer, hier seine Aufgaben zu erfüllen. Ausnahmen werden natürlich akzeptiert, etwa wenn mal ein Kind erkrank ist. Grundsätzlich bin ich ein toleranter und geduldiger Mensch. Wenn sich aber jemand in der gemütlichen Hängematte eingerichtet hat und dies dann Mehrarbeit für andere bedeutet, macht mich das wütend. Aber mein Team ist seit 2 Jahren wirklich spitze, da kann ich nicht klagen.

Das Haar in der Suppe: Wie gehen Sie mit Kritik um, z. B. von Gästen?
Das passiert sehr sehr selten. In meiner Neusser Zeit hatte mich einmal ein Gast in die Kaffeebar gerufen. Er sagte, es wäre alles super, aber die Heinemann-Serviette läge falsch herum auf dem Teller, so dass man das Logo nicht sehen könne. Er hatte absolut recht. Ich möchte nicht aufhören, auf jedes Detail achtzugeben und andere dazu zu motivieren, dies ebenfalls zu tun. Natürlich mache ich aus so etwas keine Staatsaffaire. Aber die Kunst der Führung ist eine Mischung aus Perfektion, Toleranz und Menschenfreundlichkeit.

Haben Ihre Gäste an der Düsseldorfer Kö einen anderen Geschmack als woanders?
Ich glaube schon. Die besondere Lage und das Renommée des Ortes tun ihr Übriges. Die Konkurrenz in Düsseldorf ist größer als woander, hier gibt es ein riesiges gastronomisches Angebot und überwiegend sehr qualitätsbewusste Kunden. Wir bei Heinemann leben von unserem guten Ruf, aber dieser muss auch täglich aufs Neue bewiesen werden. Bei uns weiß der Gast, was er erwarten darf. Also gilt die Maxime: Never change a winning System. Aber natürlich entwickeln wir uns auch weiter, haben immer wieder neue Ideen und passen unsere Karte an. Ein weiterer Pluspunkt ist unsere Schnelligkeit. Gerade mittags ist diese ausschlaggebend. Wir sind gut vorbereitet, jedes Essen kann in wenigen Minuten fertig sein, wenn es der Gast eilig hat.

Brutzeln Sie auch am heimischen Herd für ihre Lieben? Was gibt es heute Abend?
Nein, ich koche zuhause gar nicht. Und was es heute Abend gibt, da lasse ich mich gerne überraschen. Meine Frau kocht nämlich, und zwar sehr gut, sie hat die gutbürgerliche Küche von ihrer Oma in der ehemaligen DDR gelernt. Gestern gab es z. B. wirklich leckere Linsensuppe, mit Gemüse und Mettwurst darin. Wir sind eine bodenständige Familie mit einer traditionellen Rollenverteilung. Und wir sind eher „Couch Potatoes“, das gebe ich gerne zu (lacht).

Aus der Gerüchteküche haben wir erfahren, dass Sie ein Talent zum Dekorieren haben?
Ja, mit schöner Dekoration kann man Freude zaubern. Mit Liebe zum Detail entsteht eine schöne Atmosphäre, sowohl bei der Arbeit als auch für den Gast. Ich bin überhaupt wahnsinnig gerne Gastgeber. Sowohl zuhause als auch hier, wo 1000 Menschen meine Gäste sind. Für mich ist es „mein“ Restaurant.

Für welche Leckereien würden Sie denn alles stehen und liegen lassen?
Für die Esterhazy-Torte! Superlecker. Mein Herz schlägt sowieso sehr für die süßen Sachen von Heinemann. Während Corona habe ich an jedem Tag etwas Feines gekauft, so viel wie noch nie zuvor. Und beim Kuchen habe ich jetzt alles durchprobiert, außer den Dänischen Apfelkuchen. Den nehme ich mir vor, sobald es ihn wieder gibt.

Erfolgsrezept: Zufrieden sein mit dem, was man hat

Was ist für Sie die Würze im Leben, das Salz in der Suppe?
Ein Ort zum Abschalten zu haben. Ein Zuhause, eine Familie. Meine Frau habe ich übrigens hier bei Heinemann kennengelernt. Es ist schön, dass auch sie das Unternehmen kennt, wir haben immer einen guten Austausch und können über vieles sprechen. Als damals unsere mittlerweile erwachsene Tochter geboren wurde, war ich gerade aufgestiegen und habe mehr verdient. Das hat in unsere Lebenplanung toll gepasst. Wir sind einfach sehr zufrieden. Und zufrieden zu sein mit dem, was man hat, das halte ich auch für eine Kunst.

Lieber Herr Bolten, danke für das Gespräch.

Bolten mit Schultuete
Glücksbringer: Schultüte von der Familie zum Einstieg als Küchenleiter an der Kö

Hinterlassen Sie hier Ihre E-Mailadresse, um automatisch über neue Beiträge informiert zu werden.

Kommentar verfassen

%d