
Wenn die Freifrau von Kö mit wehendem Designerkaftan, Turmfrisur und reichlich goldenen Accessoires in die Konditorei Heinemann rauscht, sind alle Blicke auf sie gerichtet. Schlagartig werden selbst durchgestylte Kö-Flaneurinnen zu grauen Mäusen. Kleinen Kindern steht der Mund offen. Mit ihrem Plüschmops bewaffnet sowie mit durchdringendem Charme stolziert Madame durch die Auslagen.

Sie goutiert ein goldenes Pralinchen, lobt den Haus-Champagner und die Trüffel mit Champagne. Die Lieblingsschokolade von Heinz-Richard Heinemann kennt sie auch. Ein zielsicherer Griff und voilà: Es ist die hellblau verpackte mit den gerösteten Mandeln. Die mag sie auch.
Die Freifrau und der Heinemann-Chef kennen sich gut von ihren gemeinsamen glamourösen Kaffeefahrten. Ein paar Mal im Jahr wird ein Rheinbahn-Waggon aufgehübscht und los geht die Fahrt durchs glitzernde Düsseldorf. Mit Kaffee und Kuchen von der Konditorei Heinemann und selbstredend mit einem Schlückchen feinsten Kö-Champagners. Von solch einer Fahrt kehrt Madame gerade zurück. Sie verliert niemals die Contenance, aber heute ist sie seit dem frühen Morgen auf den seidenbestrumpften Beinen. Auch ihre Stimme hat etwas gelitten.
Wenn sie von sich spricht, tut sie dies stets in der dritten Person. Die Freifrau greift zum dargereichten Fächer und klimpert mit ihren langen Wimpern in den Lufthauch. Ein paar Fotos sind genehm. Für unser Gespräch schreitet die Düsseldorfer Millionärsgattin dann auf güldenen Schuhen Richtung ihres bescheidenen Zuhauses. Sie lädt in ihren „Petit Trianon“ im Hofgarten. Manchen Düsseldorfern mag das Gebäude als Theatermuseum bekannt sein.

Kö und Klunker: die Millionärsgattin über wahren Luxus

Liebe Freifrau, ein langer Arbeitstag liegt hinter Ihnen. Jetzt ein Gläschen Champagner, oder?
O ja, sehr gerne. Chin-chin!
Glamour – was bedeutet Ihnen dieses Wort?
Für Madame ist Glamour der schöne Schein. Sie sagt immer: In Düsseldorf ist alles Gold was glänzt – solange man das Etikett nicht abzieht. Vieles hat ja zwei Seiten. Die Freifrau präsentiert eine Zauberwelt, die sie auch nicht entzaubern will. Sie macht keine Travestie. Sie ist eine Millionärsgattin und als solche eine Hommage an diesen liebenswerten Typus Frau, den man in Düsseldorf immer noch antrifft und der die Stadt geprägt hat. Für ihr Gefühl hat diese Art, sich schick zu machen aber nichts Hochnäsiges oder Eingebildetes, es gehört einfach dazu. Die gleichen Leute trinken in der Altstadt auch ein Bier. In Düsseldorf ist das kein Widerspruch. Das Kostüm der Freifrau ist auch nicht, wie viele meinen, von Louis Vuitton geschneidert, sondern von Louise Vögele, ihrer Schwägerin aus Süddeutschland. Madame behauptet, dass das Muster ganz sparsam im Kartoffeldruck gemacht wird und dass die Freifrau jede Kartoffel danach noch essen muss. Modische Trends hingegen macht die Freifrau niemals mit. Sie setzt die Trends. Die Freifrau empfindet sich auch niemals als verkleidet, sie sagt: Alle anderen sind verkleidet.
Ist Düsseldorf glamourös?
An vielen Stellen schon. Wenn die Freifrau über die Kö flaniert, sieht sie diesen Glanz, die Bäume, den goldenen Ocker des Herbstes. Dann der Weitlick am Rhein, da blickt man verzaubert in die Ferne. Natürlich fallen ihr die Geschichten von früher ein. Die Parties von Gabriele Henkel. Die Rennbahn. Das Steigenberger Hotel. Da zieht man sich schön an. Auch zur Konditorei Heinemann geht man nicht in der Jogginghose. Man macht sich zurecht und überlegt sich, wie man auf andere wirken möchte.
Kennt die Freifrau Düsseldorf überhaupt außerhalb der Kö?
Nicht wirklich. Das natürliche Habitat der Freifrau ist sehr sehr eng. Das Areal erstreckt sich von der Königsallee über die Altstadt bis zur Karlstadt. Dazu Orte der Kultur: Goethe-Museum, Theatermuseum, NRW-Forum, Museum Kunstpalast, Stadtmuseum. Das Gebiet hört an der Bahnstraße bei der Konditorei Heinemann auf.
Was ist für Madame wahrer Luxus?
Die Freifrau sagt immer: Das luxuriöseste Getränk, das man trinken kann, ist Mineralwasser. In Deutschland kommt tolles, trinkbares Wasser sogar aus der Leitung. Dann ist es schon ein Luxus, wenn man es aus fernen Ländern hertransportiert. Champagner hingegen muss von Ferne angeliefert werden, das ist klar. Luxus ist, wenn man sich Zeit nimmt und sich an den Rhein setzt. Luxus ist nicht an Dinge gebunden, sehr wohl aber an Qualität. Aus dem Munde der Freifrau mag das für manchen merkwürdig klingen, weil sie ja stets plakativ zeigt, was allgemein als Luxus gilt.

Illustre Kaffefahrten: mit und ohne Entgleisungen
Nicht viele Millionärsgattinnnen fahren mit der Rheinbahn, die Freifrau schon?
Die Freifrau ist eine einfache Frau aus der Oberschicht. Außerdem passt ihre Frisur in kein Taxi. Die Rheinbahn ist ihr Taxi. Auch ein kleiner Luxus, denn man hat Platz und kann sich ausstrecken. Und sie mag es, mit Leuten unterwegs zu sein. Das allererste Bild der Freifrau ist in der Rheinbahn entstanden, in der 709. Das war 2009 nach dem Tuntenlauf. Da hatte man sie auf den Laufsteg geschubst und sie hatte aus Versehen gewonnen. Ein riesengroßes Missverständnis.
Kam es während der Rheinbahn-Rundfahrten zu Entgleisungen?
Die Freifrau hat sich vereinzelt verbale Entgleisungen geleistet. Das kommt, weil der Schwerpunkt der Freifrau in Hüfthöhe ist. Ihre Hüfte ist wiederum auf Höhe der Herrschaften, die gerade essen. Das ist in Kurven sehr gefährlich. Später wurden die güldenen Pumps ausgetauscht, damit es möglich ist, bei Kaffee und Heinemann-Torte und freifräulich schwingenden Hüften alle am Leben zu halten.
Die Freifrau ist eine Societylady. Verraten Sie uns etwas über ihren illustren Freundeskreis?
Sie hat noch einige Freundinnen, gewisse Damen der Gesellschaft. Sie kannte die kürzlich verstorbene Erica Jugler-Hahn. Die „Kö-Maklerin“ hat Madame damals ihre erste Wohnung vermittelt. Die Freifrau lernte sie bei Professor Paul Schneider-Esleben kennen, bei dem sie damals kleine Praktikantin war. Schneider-Eslebens Sohn Florian wurde mit der Band Kraftwerk berühmt. Die Damen der Gesellschaft, die durch Heirat Karriere machen, werden weniger. Die Jugend von heute wird keine Gattin mehr. Die wird Influencer oder Youtubestar und interessiert sich für Make-up.
A propos Make-up: Wer ist eigentlich Ihr Stylist?
Mein Stylist ist der dicke bärtige Assistent. Er hat einen Nimbus, er ist ein Phänomen. Niemand kennt ihn, aber es gibt ihn wirklich. Er huscht manchmal bei Heinemann vorbei und holt noch schnell etwas Feines.

‚Schärity‘ und Schattenseiten: freifräuliche Einblicke
Societyladies engagieren sich auf Charityveranstaltungen. Sie auch?
Die Freifrau macht „Schärity“, erst kürzlich im Kaufhof an der Kö, zugunsten der Kinderkrebsklinik. Madame ist es wichtig, dass sie sich für Kinder einsetzt und dass sie für Familien funktioniert. Man soll sie der Oma und der Enkelin vorstellen können. Bei den Düsseldorfer Kaffeefahrten hat sie alles an Bord: vom Kinderwagen bis Rollator. Wenn Kuchen nicht geht, drückt die Freifrau eben eine Banane zusammen. Die Weihnachtstour ist übrigens noch kindgerechter, denn da wird gebastelt. Der mit dem schönsten selbtgebastelten Weihnachtsstern gewinnt: die Anerkennung der anderen Fahrgäste! Unbezahlbar!
Sind es Millionärsgattinen gewohnt, dass man ihnen den roten Teppich ausrollt oder kennen sie auch Schattenseiten?
Wo Glanz ist, ist auch immer Schatten. Wenn man einen Regenbogen sieht, geht der mit Regen einher. Hinter all dem Glanz und Glamour steckt viel Arbeit. Das ist bei der Freifrau so und bei der Konditorei Heinemann nicht anders. Dem Gast möchte man das aber niemals zeigen. Der soll ein schönes Angebot in Ruhe genießen. Beim Heinemann-Service herrscht diese Ruhe fortwährend. Die Freifrau dagegen ist ein logistischer Alptraum. Da wird es hinter den Kulissen oft stressig. Aber Kunst macht eben viel Arbeit, sagt sie immer.
Wo Sie die Konditorei Heinemann erwähnen: Ist sie ein glamouröser Ort?
Glamour ist ein schwieriges Wort, auch etwas abgenutzt. Und in diesem Zusammenhang zu billig, wenn man den Begriff in Richtung Tand oder schönem Schein interpretiert. Dann passt Glamour nicht zur Konditorei Heinemann. Hier geht es eher um Stil. Stil, Tradition, Handwerk und Qualität, das macht Heinemann aus. Ein gutes Beispiel dafür ist der feine Trüffel mit Champagne. Als Gegensatz dazu ein ordinärer Cupcake. Sieht auf den ersten Blick toll aus, ist aber nur eine Mischung aus Glasur und Fettcreme, die der Freifrau nicht schmeckt.
Welches ist die Lieblingstorte, die Lieblingspraline, das Lieblinggericht der Freifrau?
Die Freifrau liebt den Geflügelsalat der Konditorei Heinemann! Die Kunst ist aber, diese creme-beige Masse gut aussehen zu lassen. Im Grunde ist Geflügelsalat ein Sinnbild für die ungeschminkte Freifrau. Bei Heinemann serviert man das Gericht jedoch sehr appetitlich auf einem schicken Teller. Die Freifrau liebt auch die Heinemann-Pastete. Überhaupt schätzt sie den Heinemann-Mittagstisch mit seinem guten Preis-Leistungsverhältnis, auf das auch eine Freifrau achtet. Sie liebt die Stachelbeerstreuseltorte und auch die Herrentorte, aber nur mit einem Kaffee dazu. Natürlich auch die Champagnetrüffel und die köstlichen kandierten Orangenscheiben. Das freifräuliche Problem ist nur: Sie isst immer die ganze Packung auf einmal auf.
Was ist für Madame wahrer Genuss?
Zeit für Freunde und seine Lieben zu haben. Zeit ist immer rar und daher so kostbar. Nichtstun ist Genuss – auch wenn die Freifrau das nicht wirklich gut kann, sie ist immer geschäftig und steht auf der Bühne des Lebens. Sie ist im Kulturbereich tätig, zusammen mit ihrem stets im Hintergrund arbeitenden Assistenten, dem dicken, bärtigen Herrn Patermann.

Freifrau von Kö: in jeder Rolle ein Genuss
Welches sind die Skills, die man als erfolgreiche Freifrau braucht?
Wie die Freifrau immer sagt: Man braucht eine „Winning Personality“. Man sollte kein schüchternes Mauerblümchen sein. Madame hat ja die Fähigkeit, mit jedem sofort zu plaudern. Wobei sich die Freifrau weniger unterhält, sie bequatscht eher, man bekommt kaum ein Wort dazwischen. Die Dame ist ziemlich geschwätzig, zaubert aber meist ein Lächeln in die Gesichter ihrer Gesprächspartner.
Manche beschreiben die Freifrau als schrill. Gibt es Momente, in denen Sie dezent sind?
Schrill? Das ist ein schlimmes Wort. Das schockiert. Die Freifrau ist doch ungeschminkt und natürlich, sie ist genau so heute Morgen aufgewacht. Sie sieht sich als einfache Frau aus der Oberschicht, still, introvertiert und dünn. Sie sagt immer, in ihr lebe ein dünner Mensch. Ihre älteste Freundin hakt dann nach: Sicher, dass es nur einer ist? Still ist Madame nur, wenn sie genießt, dann sondert sie sich ab und bildet sich ein, sie wäre dezent.

Wie ist die Freifrau von Kö, wenn sie ganz privat ist?
Dann wallt sie durch ihr Haus in einem Kaftan. Sie ist dann ganz schlicht und vor allem ganz still.
Wäre die Freifrau manchmal gerne jemand anders?
Nein! Oder? Die Freifrau hat unglaubliches Glück, sie selbst sein zu können. Ihr größtes Glück ist zu erfahren, wie nett die Leute zu ihr sind. Wie schön es ist, durch die Stadt zu gehen und erkannt zu werden. Den Menschen schöne Momente zu schaffen und eine gute Zeit zusammen zu erleben. Die Freifrau gibt gerne, schenkt gerne, liebt es, anderen eine Freude zu bereiten. Auch der dicke, bärtige Assistent ist froh, die Freifrau von Kö zu haben. Beide sind glücklich in dieser Stadt.
Verändert sich der Geschmack, wenn man in eine andere Rolle schlüpft?
Die Freifrau würde ihren Champagner immer nur aus einem Pokal trinken, damit die Hände zierlicher wirken. Wobei sie kaum Alkohol verträgt. Der Herr Patermann nippt derweil am Wasserglas.
Der freifräuliche Assistent, Herr Patermann, war jetzt die ganze Zeit sehr still.
Unter uns: Die Freifrau benutzt ihren Assistenten. Er muss sie schminken, ihr die Haare machen und das Outfit richten. Er ist ihr geliebter Sklave, aber sie liebt ihn mehr, als sie es jemals zugeben würde. Sie wäre nichts ohne den dicken, bärtigen Assistenten. Es scheint nur so, dass er sich im Hintergrund hält, aber in Wahrheit ist er selbst auch nicht besonders dezent.
Madame, danke für das Gespräch und küss die Hand.

