
Ein Hauch von Hollywood weht durch die Konditorei Heinemann: Schauspieler Ralf Moeller ist zu Besuch und wir freuen uns! Nicht nur, weil er einer unserer berühmtesten Gäste ist, sondern weil er ein langjähriger Freund von Heinz-Richard Heinemann ist und die beiden sich einiges zu erzählen haben. Und nicht zuletzt, weil Ralf Moeller ein unglaublich warmherziger, respektvoller und bodenständiger Typ ist. Während einer Führung durch Backstube, Confiserie und Küche erfahren wir, warum Ralf Moeller gerne andere aus dem Schatten ins Scheinwerferlicht holt, weshalb er ein bisschen Gegenwind manchmal ganz animierend findet und wo er als Neu-Veganer auch mal eine Ausnahme macht.

Herr Moeller, Sie haben im Frühjahr eine Covid-19-Infektion überstanden. War die Infektion Ihr härtester und gefährlichster Gegner?
Absolut nicht. Als man feststellte, dass ich mich mit Covid-19 infziert hatte, war ich gerade in Berlin. Dort wurde ich für die Sendung „Comedy Central“ getestet, die es seit über vierzig Jahren in Amerika gibt und jetzt auch hier. Ein paar Tage zuvor war ich noch bei Klaas Heufer-Umlauf in der Latenight, da war mein Test noch negativ. Als dann in Berlin auch der zweite Test positiv war, blieb ich 12 Tage in Quarantäne in meiner Wohnung in Recklinghausen. Mir ging es währenddessen ganz gut, ich hatte nur ein bisschen Husten und fühlte mich schwach. Ich denke, meine körperliche Fitness und meine gesunde Ernährung haben Schlimmerem entgegengewirkt. Jetzt habe ich Antikörper und im September lasse ich mich dann impfen.
Als ehemaliger Mr. Universum trainieren Sie bis heute täglich. Wie motivieren Sie sich dazu und wieviel Spaß bleibt bei so viel Disziplin?
Sport ist für mich wie Zähneputzen, er gehört einfach dazu. An manchen Wochenenden oder auf Reisen mache ich schon mal ein, zwei Tage Pause vom Sport. Aber gerade nach einem 12-Stunden-Flug tut mir das Fitnessstudio richtig gut. Ich habe als Jugendlicher mit Schwimmsport angefangen, auch mal zwei Jahre geboxt. Mit siebzehn habe ich mit dem Bodybuilding begonnen und den Sport für ca. zehn Jahre ausgeübt. Zum Schluss bewegte ich bis zu 30 Tonnen Eisen am Tag. 1986 wurde ich mit 27 Jahren in Tokyo zum „Mr. Universum” gekürt. Das tägliche Training ist das eine, die Ernährung ist aber mindestens genauso wichtig. Sie trägt zu einem sehr hohen Prozentsatz zur Gesundheit und Fitness bei. Sie sorgt dafür, dass man auch im Alter von 60, 70 oder 80 Jahren noch eine gute Lebensqualität hat.

Mittlerweile ernähren Sie sich vegan – gab es für Sie einen besonderen Moment oder ein Erlebnis für die Ernährungsumstellung? Und wie groß ist diese Challenge für Sie?
Ein Grund für meine Ernährungsumstellung waren die furchtbaren Bilder von gequälten Tieren in der Massentierhaltung. Ein engagierter Freund schickte mir immer wieder Beispiele und man sieht ja auch viel in den Nachrichten. Ich finde es unerträglich, in welchen Zustand manche Tiere bis zur Schlachtung gehalten werden. Diese Art der Tierhaltung ist einfach grausam. Hinzu kommen die vielen Medikamente, die man den Tieren verabreicht. Auch die Umwelt durch weniger Fleischkonsum zu schonen ist für mich ein wichtiger Aspekt. Außerdem die eigene Gesundheit. Man glaubt ja gar nicht, wieviel Protein z. B. in Erbsen steckt. Man braucht dafür kein Fleisch zu konsumieren – und meinen Muskeln ist es egal, woher das Protein kommt. All diese Gründe haben mich zu dem Schritt bewegt, vegan zu leben. In Amerika ist es ganz leicht, veganes Essen wird überall angeboten. Hier in Deutschland ist das Angebot noch nicht mit den USA vergleichbar, also leiste mir hin und wieder Ausnahmen – z. B. wenn Mutter oder Vater Geburtstag oder es einfach ein besonderer Tag ist. Selten und immer in Maßen darf es dann auch mal ein Stückchen Fisch sein. Oder auch ein Stück Erdbeertorte oder Schwarzwälder Kirsch von meinem Freund Richard.
Was mochten Sie als Kind am liebsten? Welche Gerüche und Gerichte verbinden Sie mit Ihrem Zuhause?
Meine Mutter hat immer gut gekocht. Sie machte leckere Rouladen oder Spaghetti und freitags gab es Bratfisch. Als Nachtisch oft Pudding mit Schlagsahne. Und ich war ein großer Kuchenesser. Ich mag Käsekuchen und Apfelkuchen sehr gerne. Für mich ungeschlagen ist aber der Baumkuchen von Heinemann, da mag ich besonders die kleinen Baumkuchenecken. Das Teegebäck ist auch herrlich. Weil alles eben frisch ist, nicht voller Konservierungsstoffe, wie in der Industrie. Die Heinemann-Produkte halten sich ja deswegen auch nicht so lange – aber eigentlich, weil man sowieso immer alles schnell wegisst, sobald man eine Packung geöffnet hat. Heute esse ich viel Gemüse und greife auch zu den veganen Fleischalternativen. Man kann Schnitzel, Gulasch oder Frikadellen ganz prima aus Soja oder Erbsen herstellen. Übrigens: Der Gorilla und der Elefant sind ja auch zu 100 Prozent Pflanzenfresser. Nun bin ich noch hinzugekommen (lacht).

Sie wollten als junger Mann zur Polizei, wurden dann aber Schwimmmeister. Wie kam es zur Schauspielerei?
Schwimmmeister war mein Lehrberuf, den habe ich gerne gemacht. Ich habe viel mit Jugendlichen gearbeitet und auch mit Behinderten, was mir großen Spaß machte, auch Verwaltungstätigkeiten gehörten dazu. Für das Bodybuilding habe ich mich später beurlauben lassen. Zur Schauspielerei bin ich nicht gekommen, weil mich jemand entdeckt hat. Ich habe mich selbst entdeckt! Nachdem ich „Mr. Universum” geworden war, bin ich zu den Bavaria-Studios gegangen, habe meine Fotos abgegeben und gesagt: „Wenn ihr mal einen großen Starken braucht, hier ist einer.“ Vier Monate später riefen sie mich an und ich hatte eine Rolle im „Tatort“ namens „Gebrochene Blüten“, mit Götz George. Das war 1988 und das war mein erster Film. Meine Rolle darin war irgendwie komisch, aber sie blieb in Erinnerung.

Ihr Buch heißt „Einfach machen“. Erzählen Sie uns ein bisschen davon, wie man mit Rückschlägen im Leben umgehen kann?
Ich finde, jeder sollte erstmal an seine Ziele glauben und einfach mal machen. Leidenschaft zu empfinden ist ebenfalls wichtig. Und auch dann immer weiterzukämpfen, wenn mal Gegenwind aufkommt. Es läuft eben nicht immer alles glatt. Das ist wie im Training, da spürst du nach 10 Runden den Schmerz, aber du machst dann noch drei weitere. Niemals aufzugeben, nicht das Handtuch zu werfen, dazu möchte ich Menschen motivieren. Ich selber wurde ja auch erst beim vierten Anlauf „Mr. Universum”! Das Wort „Rückschläge“ verwende ich für mich gar nicht. Wenn einem etwas nicht gelingt, sollte man den Fehler immer erstmal bei sich selber suchen, nicht bei anderen. Geht nicht gibt´s für mich nicht, dafür aber: Alles ist möglich. Ich sehe das Leben als Lernprozess: Ich mache immer weiter und ich entwickle mich immer weiter. Und ich lerne ständig dazu – mit jeder Begegnung und mit jeder Aufgabe erneut. Z. B. wenn ich, wie es demnächst der Fall sein wird, einen Boxer spiele, der stottert und dessen Geschichte von Betrug erzählt und tief tragisch ist. Das wird eine sehr emotionale Rolle. Auch Neid oder Missgunst sind Worte, die ich nicht kenne. Und ich empfinde so auch nicht. Welche Autos jemand fährt oder viel Schlafzimmer jemandes Haus hat ist mir doch egal, das kann jeder mit sich ausmachen. Man kann anderen ihren Erfolg ruhig gönnen – meist haben die Leute nämlich sehr hart dafür gearbeitet. Ich bin mir auch im Klaren darüber, dass mich nicht alle lieben können. Kritik finde ich daher meist wertvoll und wenn jemand schlicht meine Filme oder meine Muskeln nicht mag, ist das auch okay. Niemand wird von allen geliebt. Ausnahme: wenn Deutschland Fußballweltmeister wird (lacht).
Es ist Ihnen scheinbar wichtig, den Menschen etwas mitzugeben?
Könnte man so sagen. Ich habe aber auch viel im sozialen Bereich gemacht und mache es noch. Ich habe auch schon Fitnessgeräte nach Afghanistan gebracht, weil sie dort gebraucht wurden. Die Kampagne „Starke Typen“ der damaligen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen z. B. habe ich ebenfalls gerne unterstützt. Wir sind an Hauptschulen gegangen, haben Unternehmer dorthin eingeladen und Praktika vermittelt, aus denen später Jobs wurden. Manchmal werde ich auf solche Themen angesprochen und wenn ich in mich hineinspüre und es für mich passt, helfe ich gerne. Ja, ich möchte etwas zurückgeben. Oder um es bildlich zu sagen: Ich bringe gerne die ins Scheinwerferlicht, die sonst im Schatten stehen.
In Ihrem Buch schreiben Sie: „Denn schließlich sollte man nicht nur bei den Golden Globes eine gute Figur machen, sondern auch bei Rewe in Recklinghausen“. Ist Bodenständigkeit etwas, was Sie in die Wiege gelegt bekommen haben?
Vielleicht schon. Meine Eltern haben mir jedenfalls vorgelebt, Respekt gegenüber anderen zu haben. Und mich immer an dem zu erfreuen, was ich habe. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich als Einzelkind ja nicht teilen musste.
Und was passiert, wenn Sie heute bei Rewe in Recklinghausen einkaufen gehen?
Gar nichts. Und auch bei Edeka und Lidl nicht. Mittlerweile kennen die mich dort alle, nach dem Motto: ach, der schon wieder, der Moeller. Einer fragte mich mal, was ich machen würde, wenn mich keiner mehr erkennen würde. Ich sagte, das könne mir nicht passieren, weil ich mich allen Menschen erst mal vorstelle, denn ich finde, das gehört sich so. Ich weiß also nie, ob sie schon vorher meinen Namen kannten (lacht).




Sie sagen, Sie umarmen Menschen gerne. Wenn Covid überstanden ist, wen schließen Sie alles in Ihre Arme?
Das wird schon wieder alles wiederkommen, da bin ich sicher. Meine Eltern kann ich zum Glück wieder umarmen, denn sie sind geimpft. Hoffentlich bald auch wieder meine Freunde. Wer von mir so einen ordenlichen Klaps auf die Schulter bekommt, wird eh aus dem Stand wieder fit (lacht). Und mit den Impfungen werden wir wohl in Zukunft leben müssen, das werden wir auch überstehen.
Ihr Leben hat Ihnen viele Rollen geboten: Mr. Universum, Schauspieler, Buchautor, Showmaster, Ehemann, Vater – woraus schöpft ein Ralf Moeller seine Kraft?
Einzig und allein aus positivem Denken. Und nicht jede Kleinigkeit als Hindernis sehen. Ich habe nämlich genauso viel Kraft wie jeder andere. Man sollte sich immer fragen: Was kann ich tun? Woran kann ich arbeiten? Wenn ich mit meiner Figur nicht zufrieden bin, muss ich eben etwas unternehmen. Wenn ich Karriere im Ausland machen möchte, muss ich die Sprache beherrschen. Und dann wiederum sollte man auch mit dem zufrieden sein, was man hat.

Wann und wie haben Sie eigentlich Heinz-Richard Heinemann kennengelernt? Was verbindet Sie beide?
An den genauen Anlass kann ich mich gar nicht mehr erinnern und Richard auch nicht. Aber wir kennen uns sicher schon 25 Jahre. Und auch wenn wir uns Jahre nicht gesehen haben, wir knüpfen immer wieder an unsere Freundschaft an. Manchmal begegnen wir uns unterwegs auf Flughäfen, auch zufällig. Wir respektieren und akzeptieren uns gegenseitig, wir finden uns sympathisch und mögen uns. Und wir wissen, wir sind füreinander da und würden einander immer helfen.
Lieber Ralf Moeller, danke für das Gespräch.